Frecher Napster-Clone Metallicster hat große Ziele

Janko Roettgers   08.06.2000

Neues von der MP3-Front: Unterstützung für Napster, Rechtssicherheit für MP3.com, Spott für Metallica.

Um auf eine Zeit ohne Napster vorbereitet zu sein, basteln englische Programmierer am Filesharing-Programm Metallicster. Gleichzeitig bekommt Napster weitere prominente Unterstützung, und MP3.com kann mit einer Einigung im Prozess mit der RIAA rechnen.

Als die Hardrock-Gruppe Metallica ihren Kreuzzug gegen Napster begann, überlegten sich einige britische Programmierer eine Alternative zu dem populären Filesharing-Programm. Metallicster soll diese ironischerweise heißen und MP3-Freunde auch nach einer möglichen Pleite des Napster-Anbieters mit frischen Stoff versorgen. Was sich zuerst anhörte wie ein Fake, wird jetzt konkreter. Unter der neuen Domain  Metallicster.org [http://www.metallicster.org] lässt sich bereits eine Demoversion des Metallicster-Clients herunterladen. Mehr als den spröden Charme eines Windows-Programms demonstriert diese allerdings noch nicht.

Dafür gibt es dort auch einige Details zur Funktion des Clients. Wie Napster soll er den privaten Austausch von MP3s ermöglichen - direkt von Festplatte zu Festplatte. Anders als sein Vorbild setzt Metallicster aber nicht auf einen zentralen Server, sondern vernetzt die einzelnen Clients direkt untereinander. Das Konzept erinnert auch in den Details sehr an das Filesharing-Programm  Gnutella [http://gnutella.wego.com], soll aber durch Routing-Steuerungen bandbreitenfreundlicher werden und außerdem auch hinter Firewalls funktionieren.

Metallicster will sich mit einfacher Benutzerführung und gestaltbaren Oberflächen (Skins) ganz offensichtlich als Napster-Alternative für die Massen etablieren. Ob das mit einem Team von mittlerweile nur noch zwei Programmierern und dem markenrechtlich nicht ganz koscheren Namen allerdings möglich ist, darf bezweifelt werden.

Courtney Loves Napster

Unterdessen hat das Original, Shwan Dannings Filesharing-Programm Napster, weitere prominente Unterstützer bekommen. Auf der Digital Hollywood-Konferenz verkündete Courtney Love, unter Musikern sei es ja sehr in Mode gekommen, sich über Musikpiraterie zu empören. Auch sie sei modisches Mädel, und erklärte deshalb:

"Die Musik von Künstlern zu klauen, ohne etwas dafür zu bezahlen, ist wirklich Piraterie - und damit meine ich Major Labels, nicht Napster."

Deshalb kündigte die Frontfrau der Band Hole an, ihre nächste Platte ausschließlich im Netz zu vermarkten. Bereits jetzt lassen sich von Loves  Website [http://www.holemusic.com] mehr als 50 vollwertige MP3s kostenlos herunterladen - ein in diesem Umfang einzigartiges Angebot, das entsprechend viele Fans anzieht. Und so stellte Courtney Love abschließend fest: Wenn die großen Plattenlabel ihr nicht einmal die Aufmerksamkeit einbringen könnten, die sie allein mit ihrer 19-jährigen Web-Mistress bereits im Netz erreicht habe, bliebe ihnen nur noch eins übrig: "They can go to hell."

Napster T-Shirts ohne Napster

Weniger eindeutig als diese klaren Worte war in den letzten Tagen das Engagement der US-Band Offspring. Diese bot auf ihrer  Website [http://www.offspring.com] Napster-Shirts und andere Merchandisingartikel an, ohne dafür Napsters Genehmigung zu besitzen. Einige ganz Clevere vermuteten dahinter schon eine Art affirmativen Widerstands gegen Piraterie - frei nach dem Motto: Copyrights brechen können wir auch. Doch mittlerweile hat sich Offspring-Sänger Dexter Holland auch offiziell zum Filesharing-Programm bekannt. Band und Napster einigten sich darauf, den Erlös des Merchandising einer humanitären Organisation zukommen zu lassen.

Goldene Zeiten für MP3s?

Unterdessen bahnt sich möglicherweise ein Ende des Rechtsstreits um MP3.com an. Der MP3-Anbieter war von der Recording Industry Assotiation of America (RIAA) dafür verklagt worden, dass er CDs ihrer Künstler in eine Datenbank eingespeist und über das Web verfügbar gemacht hatte. Letzten Berichten zufolge befindet sich MP3.com kurz vor einer Einigung mit den Plattenfirmen Warner Music und BMG Records. Diese könnte vorsehen, dass der Konzern 1.5 Cents für jeden online verfügbaren Song sowie 0.5 Cents für jeden einzelnen Abruf bezahlt. Zwar halten sich die Verhandlungspartner bisher mit Kommentaren zurück, die Börse reagierte aber schon mal wohlwollend: Der MP3.COM-Kurs - Ende April auf einen Tiefststand von unter 5 Dollar gesunken - stieg mittlerweile auf knapp 17 Dollar an.

Einige Kommentatoren sehen damit sogar schon den gordischen Knoten um Legalität und Vermarktbarkeit von MP3-Musik gelöst. Tatsächlich deutet alles darauf hin, als ob der MP3-Wirtschaft nach einigen finsteren Wochen jetzt wieder goldene Zeiten blühen. Napster bekommt im Prozess mit der RIAA moralische Unterstützung und mit Projekten wie Metallicster auch viele kleine Geschwister. MP3.com könnte sich im Fall einer Einigung als legale Alternative zu Filesharing-Konzepten etablieren und damit ebenfalls von deren Erfolg profitieren.

Spott für Metallica

Verlierer scheint momentan nur einer zu sein: Metallica. Die Band sieht sich dem Spott der gesamten Netzwelt ausgesetzt. Ende letzter Woche vermeldete beispielsweise das Online-Satiremagazin  Bbspot.com [http://www.bbspot.com], die Band habe jetzt ein Napster-sicheres Album herausgebracht. Dieses bestehe aus einem einzigen, 55 Minuten langen Song und einem 19-minütigen Interviewmonolog des Drummers Lars Ulrich. Der "Napster Begone" betitelte Song sei so lang und schrecklich, dass niemand ihn freiwillig aus dem Netz herunterladen würde.